Gedichte zum Thema Jung & Alt

 

Das Alter


Das Alter ist ein höflich Mann.
Einmal übers andre klopft er an.
Aber nun sagt niemand: Herein!
Und vor der Türe will er nicht sein.
Da klinkt er auf, tritt ein so schnell.
Und nun heißt’s er sei ein grober Gesell.

Autor: Johann Wolfgang von Goethe

Wir bleiben alle Kinder


Und wird die Welt auch noch so alt,
Der Mensch, er bleibt ein Kind!
Zerschlägt sein Spielzeug mit Gewalt,
Wie eben Kinder sind!

Wann alles erst in klein zerstückt
Und nichts mehr zu verderben,
So stucht er wieder - neubeglückt -
Und spielt dann mit den Scherben!

Autor: Carl Spitzweg

Wenn ich dereinst ganz alt und schwach


Wenn ich dereinst ganz alt und schwach,
Und's ist mal ein milder Sommertag,
So hink ich wohl aus dem kleinen Haus
Bis unter den Lindenbaum hinaus.
Da setz ich mich denn im Sonnenschein
Einsam und still auf die Bank von Stein,
Denk an vergangene Zeiten zurücke
Und schreibe mit meiner alten Krücke
Und mit der alten zitternden Hand
Bertha
So vor mir in den Sand.

Autor: Wilhelm Busch

Jugend


Jugend, die mir täglich schwindet,
Wird durch raschen Mut ersetzt,
Und mein kühnrer Arm umwindet,
Noch viel schlankre Hüften jetzt.

Tat auch manche sehr erschrocken,
Hat sie doch sich bald gefügt;
Holder Zorn, verschämtes Stocken,
Wird von Schmeichelei besiegt.

Doch, wenn ich den Sieg genieße,
Fehlt das Beste mir dabei.
Ist es die verschwundne, süße,
Blöde Jugendeselei?

Autor: Heinrich Heine

Alter


Das aber ist des Alters Schöne,
daß es die Saiten reiner stimmt,
daß es der Lust die grellen Töne,
dem Schmerz den herbsten Stachel nimmt.

Ermessen läßt sich und verstehen
die eigne mit der fremden Schuld,
und wie auch rings die Dinge gehen,
du lernst dich fassen in Geduld.

Die Ruhe kommt erfüllten Strebens,
es schwindet des verfehlten Pein -
und also wird der Rest des Lebens
ein sanftes Rückerinnern sein.

Autor: Ferdinand von Saar